Die Weststrecke belebt

„Eichgraben war einmal gar nichts, bevor die Bahn gebaut wurde“

von Pia Miller-Aichholz

Dass die Marktgemeinde Eichgraben zu ihrer heutigen Größe angewachsen ist, ist Kaiser Franz Joseph I. und König Maximilian II. von Bayern zu verdanken. 1851 schlossen sie einen Staatsvertrag, mit dem der Ausbau des Eisenbahnstreckennetzes zwischen den beiden Reichen beschlossen wurde. Zuvor waren aus wirtschaftlichem Interesse vor allem die Verbindungen in den Osten und Norden Österreichs interessant gewesen, nach Schlesien, Böhmen und Mähren mit ihrer starken Eisen-, Textil- und Chemieindustrie zum Beispiel. Oder ins Königreich Ungarn, wo viele Zuckerrübenfabriken lagen. Nun sollte auch eine bessere Verbindung in den Westen geschaffen werden.

Zu diesem Zeitpunkt charakterisierten Eichgraben, wie der Name schon sagt, viele Eichen und der Graben, in dem der Ort liegt. „Eichgraben war einmal gar nichts, bevor die Bahn gebaut wurde“, sagt Elfriede Bruckmeier, die sich schon lange mit der Geschichte ihres Heimatortes beschäftigt. „Das war Urwald, also Eichen und Graben und Köhler und Holzhacker.“

1858 wurde der erste Teil der Weststrecke eröffnet – die Verbindung von Wien nach Linz, an Eichgraben vorbei. Die Bahnstrecke verlief damals, wie auch heute, in einer Schleife um den Ortskern und über ein ungefähr 26 Meter hohes Viadukt, das den Graben überspannt.

(c) Pia Miller-Aichholz
© Pia Miller-Aichholz

Am 12. August 1860 wurde die Erweiterung der Strecke über Salzburg bis an die Reichsgrenze zu Bayern eröffnet – knapp vor dem 30. Geburtstag von Kaiser Franz Joseph am 18. August. Er soll die Bahn regelmäßig genutzt haben, um mit seiner Familie nach Bad Ischl, in die „Kaiserstadt“, zu reisen.

Damals hieß die Bahnverbindung, die anfangs privat betrieben und erst 1884 verstaatlicht wurde, noch „Kaiserin-Elisabeth-Bahn“. Im Alltag war bald der Name „Westbahn“ üblich. Der heutige Westbahnhof war ebenfalls Kaiserin Elisabeth gewidmet. Daran erinnert heute noch eine lebensgroße Statue der Kaiserin – das Original von 1858, geschaffen von Hans Gasser – die heute in der oberen Eingangshalle steht.

Entlang der Strecke entstanden Villenviertel. So auch in Eichgraben, wo sich der Stadt entfliehende WienerInnen im Eichgrabener Ortsteil Ottenheim noble Häuser bauten – für das Wochenende und die Sommerfrische.

Im Ortsteil Hutten, nur zwei Kilometer weiter östlich, standen die Hütten der einfacheren Leute, der ArbeiterInnen und EisenbahnerInnen.
Seitdem ist die Bevölkerung Eichgrabens fast stetig gestiegen. 1923 wurde der Ort eine eigenständige Gemeinde, 1973 zum Markt erhoben. Elfriede Bruckmeier sagt, in den letzten 20 bis 30 Jahren sei die Bevölkerungsanzahl explodiert – auch dadurch, dass es weiterhin viele WienerInnen nach Eichgraben zieht.

(c) Pia Miller-Aichholz
© Pia Miller-Aichholz

Durch die Veränderungen in der Bevölkerung hat sich Eichgraben auch politisch gewandelt. Früher traditionell sozialdemokratisch, wurde es zu einer klassischen ÖVP-Gemeinde, als der Bevölkerungsanteil der EisenbahnerInnen und ArbeiterInnen zurückging. Wohl durch die zugezogenen WienerInnen ist es dazu gekommen, dass im Gemeinderat seit der Wahl 2015 eine schwarz-grüne Koalition sitzt.
Sieger in beiden Wahlgängen der Bundespräsidentenwahl 2016 war übrigens Alexander van der Bellen.

 

Eichgraben Bevölkerung Diagramm
Bevölkerungsentwicklung von Eichgraben © Pia Miller-Aichholz; Daten: Statistik Austria



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