Im Leben einer Wirtin…

Hertha Knödler schmökert in Erinnerungen

von Lydia Mitterbauer

Offen und herzlich – schon bei der Begrüßung ist erkennbar, dass Frau Knödler Wirtin war. Sie hat ein freundliches Auftreten. Und viel zu erzählen. Seit über 50 Jahren lebt sie in Eichgraben und es ist nicht nur in ihrem Gasthaus viel passiert. 1919 haben die Eltern von Frau Knödlers Schwiegermutter das Gasthaus gekauft. Entstanden ist es gemeinsam mit dem Bau der Eisenbahnbrücke in Eichgraben.

Heute würd man sagen a Kantin oder a Hoizschupfn.“

Die Knödlers sind schon zwischen 1870 und 1880 von Bayern nach Eichgraben gekommen. Der Vater ihrer Schwiegermutter war vorerst als Fleischhauer tätig, dann hat er in das Wirtshaus eingeheiratet. Vier Generationen haben darin gearbeitet.

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Frau Knödler und ihr Sohn © Lydia Mitterbauer

Gerade durch die Arbeit im Wirtshaus, aber auch durch ihr Interesse an der Geschichte, haben sie über die Jahre hinweg viel Wissen und Geschichten über Eichgraben gesammelt. „Eichgraben war ja mal eine zerstreute Siedlung. Es gab viele Bauernhäuser und viele Gebäude, die heute nicht mehr die gleichen sind.“

Von vielen Berufen ist die Rede, die es heute nicht mehr gibt: Baumeister, Tischlereien, Schuhmacher, Damenschneider, Brunnenbauer, Maler, Tapezierer, Friseure, Spengler, Elektriker, Fernsehtechniker, Installateure, Glaser, Grabsteinsetzer, Dachdecker, Gärtner, Taxifahrer, Kreisler, Fleischer oder Bäcker. Aber auch viele Geschäfte wurden aufgegeben: Tischlereien, Zimmereien, Putzereien, Sägewerke, Drogerien, mehrere Höfe und sogar eine Lampenerzeugung im Keller der heutigen Galerie. Auch ein Kino gab es mal in Eichgraben.

Im Haus der Knödlers hängt ein Programm vom ersten Eichgrabener Kino an der Wand
Im Haus der Knödlers hängt ein Programm vom ersten Eichgrabener Kino an der Wand © Lydia Mitterbauer

Und das, obwohl die Bevölkerung in Eichgraben stark angewachsen ist.

Nach vielen Jahren in Eichgraben sieht auch Sohn Friedrich die Veränderungen im Ort.

Diese Zweitwohnbesitzer hatten eine Wohnung in Wien und ein Haus in Eichgraben. Im Winter waren die Häuser jedoch kaum bewohnbar, da sie keine Heizung hatten. Auch konnte es schon mal passieren, dass jemand einen Wasserrohrbruch hatte und diesen erst ein Monat später bemerkte. Die Kinder dieser Generation haben jedoch begonnen, Heizungen in die Häuser zu bauen und sind daraufhin eingezogen.

Beim Schmökern in den Erinnerungen bleiben natürlich auch Geschichten aus dem Krieg nicht aus. Viele Ereignisse weiß Frau Knödler vor allem durch ihren Schwiegervater. So erzählt sie von dem Annenhof in Eichgraben. Die Besitzer des Hofes hatten gegenüber ihres Grundstückes ein Wirtschaftsgebäude, wo verschiedene Tiere untergebracht waren. Als die Russen kamen, wurden ihnen die Tiere weggenommen. Das dort lebende Ehepaar hat sich darüber beschwert und wurde von den Russen sofort erschossen.

Doch einige Geschichten gingen auch gut aus.

Auch das Lenkrad wurde abmontiert, so dass die Russen dachten, dass die Knödlers nur ein kaputtes Auto hatten. Als sich nach dem Krieg die Situation langsam wieder beruhigte, wurden die Räder wieder montiert und der Schwiegervater von Frau Knödler konnte mit seinem Auto umherfahren.

Auch die Eisenbahnbrücke konnte mit Hilfe von Frau Knödlers Schwiegervater erhalten bleiben.
Im letzten Kriegsjahr, etwa Mitte 1944, war die deutsche Wehrmacht im anliegenden Stadl der Familie einquartiert. Bevor die Russen kommen sollten, wollten die Soldaten davor noch so viel wie möglich vernichten. So auch die Eisenbahnbrücke.

Die Brücke war zu diesem Zeitpunkt bereits geladen, aber die vier Männer konnten mit gutem Zureden die Soldaten von der Sprengung abhalten. Schließlich wären die Russen auch so gekommen, selbst wenn es die Brücke nicht mehr gegeben hätte.

 

EichgrabenKarte
© Lydia Mitterbauer

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